Longevity
Gesponsert
4.12.2025

Wie sinnvoll ist Metformin für gesundes Altern?

Warum ein Diabetes-Medikament zur Diskussion über Präzisionsmedizin beiträgt

weiße Tabletten auf gelbem Hintergrund

Anna Shvets

Zurück

Metformin gehört seit mehr als sechs Jahrzehnten zu den zentralen Medikamenten in der Behandlung des Typ-2-Diabetes. Es gilt als kostengünstig, gut erforscht und hat ein breites Sicherheitsprofil. Genau diese Eigenschaften haben dazu geführt, dass Metformin zunehmend in den Fokus der Alternsforschung gerückt ist.

Der Auslöser dafür war eine Beobachtung, die viele Forschende überraschte: Menschen mit Diabetes, die Metformin einnahmen, hatten in großen Datensätzen oft eine niedrigere Sterblichkeit als gleichaltrige Personen ohne Diabetes. Diese Hinweise führten zu der Hypothese, dass Metformin möglicherweise biologische Prozesse des Alterns beeinflusst – etwa Entzündungen, Stoffwechselwege oder zelluläre Reparaturmechanismen.

Begriff erklärt – Biologische Alterungsprozesse

Damit sind die molekularen Mechanismen gemeint, die im Laufe der Zeit zur Entstehung altersassoziierter Erkrankungen beitragen – z. B. chronische Entzündungen, mitochondriale Dysfunktion oder epigenetische Veränderungen.

Die TAME-Studie: Kann man Altern wie eine Krankheit behandeln?

Mit der klinischen Studie TAME (Targeting Aging with Metformin) wird erstmals untersucht, ob ein Medikament nicht nur einzelne Krankheiten, sondern das Auftreten mehrerer altersbezogener Erkrankungen gleichzeitig beeinflussen kann.

Mehr als 3.000 Teilnehmende im Alter von 65–79 Jahren, verteilt auf mehrere US-Forschungszentren sollen daran teilnehmen. Über sechs Jahre wird beobachtet, wie sich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Demenz und andere typische Alterserkrankungen entwickeln.

Wenn TAME erfolgreich ist, würde das ein neues Konzept bestätigen: Altern selbst wäre ein behandelbares, modifizierbares biologisches System.

TAME ist vollständig konzipiert, aber offiziell noch nicht gestartet; der Beginn hängt weiterhin von der finalen Finanzierung ab.

Neue Daten zeigen: nicht alle sprechen gleich auf Metformin an

Aktuelle Forschungsergebnisse – unter anderem von der Buck Institute for Research on Aging, der University of Oregon und Rutgers University – zeigen jedoch, dass die Wirkung von Metformin stark vom genetischen Hintergrund abhängen könnte.

Der Befund stammt aus Experimenten mit verschiedenen Arten des Modellorganismus C. elegans, die eine größere genetische Vielfalt aufweisen als Mäuse oder Menschen. Die Effekte reichten von deutlich verlängertem Leben bis hin zu neutralen oder sogar negativen Auswirkungen.

Die zentrale Erkenntnis:
Metformin kann gesundheitsfördernd wirken – muss es aber nicht. Die Reaktion hängt von genetischen Varianten ab.
Damit rückt ein Prinzip in den Vordergrund, das für die Longevity-Forschung zunehmend entscheidend ist.

Präzisionsmedizin: ein notwendiger Schritt

Die Studienautoren betonen, dass sich aus diesen Ergebnissen eine klare Konsequenz ergibt: Anti-Aging-Interventionen müssen stärker personalisiert werden.

Gemeint ist die Abstimmung von Therapien auf genetische, biologische und metabolische Unterschiede. Diese Präzisionsmedizin steht erst am Anfang, wird aber für zukünftige Longevity-Ansätze unverzichtbar sein.

Im Idealfall ließe sich vor Beginn einer Therapie prüfen, wer von Metformin profitieren könnte – und wer nicht. Genau das soll ein ergänzender Forschungsansatz ermöglichen.

TAME BIO: Biomarker für eine individualisierte Bewertung

Zusätzlich zeigen neuere Biomarker-Studien, dass Metformin bei bestimmten Personengruppen epigenetische Alterungsmarker verlangsamen könnte. Diese Befunde sind jedoch vorläufig und ersetzen keine klinischen Endpunkte wie das tatsächliche Auftreten von Herz-, Krebs- oder neurodegenerativen Erkrankungen.

Das National Institute on Aging prüft derzeit TAME BIO, ein Projekt, das biologische Proben der TAME-Teilnehmenden auswerten soll (Blut, Plasma, Urin, Stuhl, RNA, DNA).

Ziel ist es, anhand von Biomarkern zu verstehen,

  • wie stark Metformin tatsächlich wirkt,
  • wer profitiert,
  • und welche Faktoren unterschiedliche Reaktionen erklären.

Begriff erklärt – Biomarker

Messbare biologische Merkmale, die Veränderungen im Organismus anzeigen – etwa Entzündungsmarker, epigenetische Muster oder Stoffwechselprofile.

Diese Daten könnten helfen, künftige Anti-Aging-Therapien gezielter und sicherer anzuwenden.

Was bedeutet das für Metformin als Anti-Aging-Mittel?

Beobachtungsdaten und einzelne epigenetische Analysen liefern zwar Hinweise auf mögliche Vorteile – diese gelten jedoch vor allem für Personen mit metabolischer Belastung und ersetzen keine Ergebnisse einer kontrollierten Studie. Die neue Evidenz liefert keine Entwarnung, aber eine wichtige Präzisierung:

  • Metformin ist kein universelles Anti-Aging-Medikament.
  • Die Effekte sind heterogen, abhängig von Genetik und individuellen Faktoren.
  • Ohne Präzisionsmedizin lässt sich der Nutzen für Einzelpersonen nicht zuverlässig vorhersagen.
  • TAME und TAME BIO könnten erstmals zeigen, wie Altern klinisch adressiert werden kann – und wo personalisierte Ansätze notwendig sind.

Die Alternsforschung sieht darin einen Wendepunkt: Nicht Einzelmaßnahmen stehen im Mittelpunkt, sondern die Frage, welche Intervention bei welchen Menschen wirkt.

Insgesamt gilt Metformin weiterhin als vielversprechend, aber nicht als universelles Anti-Aging-Medikament. Die Forschung betont zunehmend die Bedeutung individueller Faktoren – von Genetik bis Stoffwechsel – und erwartet, dass mögliche Anwendungen künftig im Rahmen einer personalisierten Medizin erfolgen müssen.

References

  1. Onken, B., Sedore, C. A., Coleman‐Hulbert, A. L., Hall, D., Johnson, E., Jones, E. G., Banse, S. A., Huynh, P., Guo, S., Xue, J., Chen, E., Harinath, G., Foulger, A., Chao, E. A., Hope, J., Bhaumik, D., Plummer, T., Inman, D., Morshead, M., . . . Driscoll, M. (2021). Metformin treatment of diverse Caenorhabditis species reveals theimportance of genetic background in longevity and healthspan extension outcomes. Aging Cell, 21(1).
  2. TAME BIO Biomarkers Study. (o. D.). American Federation for Aging Research. https://www.afar.org/tame-biomarkers-study
  3. TAME - Targeting Aging with Metformin. (o. D.). American Federation for Aging Research. https://www.afar.org/tame-trial

Experte

No items found.

Scientific Terms

Metformin

A molecule derived from French hellebore that is used to treat type 2 diabetes (senile diabetes) and could be a medicine against longevity.

Glossary

Metformin gehört seit mehr als sechs Jahrzehnten zu den zentralen Medikamenten in der Behandlung des Typ-2-Diabetes. Es gilt als kostengünstig, gut erforscht und hat ein breites Sicherheitsprofil. Genau diese Eigenschaften haben dazu geführt, dass Metformin zunehmend in den Fokus der Alternsforschung gerückt ist.

Der Auslöser dafür war eine Beobachtung, die viele Forschende überraschte: Menschen mit Diabetes, die Metformin einnahmen, hatten in großen Datensätzen oft eine niedrigere Sterblichkeit als gleichaltrige Personen ohne Diabetes. Diese Hinweise führten zu der Hypothese, dass Metformin möglicherweise biologische Prozesse des Alterns beeinflusst – etwa Entzündungen, Stoffwechselwege oder zelluläre Reparaturmechanismen.

Begriff erklärt – Biologische Alterungsprozesse

Damit sind die molekularen Mechanismen gemeint, die im Laufe der Zeit zur Entstehung altersassoziierter Erkrankungen beitragen – z. B. chronische Entzündungen, mitochondriale Dysfunktion oder epigenetische Veränderungen.

Die TAME-Studie: Kann man Altern wie eine Krankheit behandeln?

Mit der klinischen Studie TAME (Targeting Aging with Metformin) wird erstmals untersucht, ob ein Medikament nicht nur einzelne Krankheiten, sondern das Auftreten mehrerer altersbezogener Erkrankungen gleichzeitig beeinflussen kann.

Mehr als 3.000 Teilnehmende im Alter von 65–79 Jahren, verteilt auf mehrere US-Forschungszentren sollen daran teilnehmen. Über sechs Jahre wird beobachtet, wie sich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Demenz und andere typische Alterserkrankungen entwickeln.

Wenn TAME erfolgreich ist, würde das ein neues Konzept bestätigen: Altern selbst wäre ein behandelbares, modifizierbares biologisches System.

TAME ist vollständig konzipiert, aber offiziell noch nicht gestartet; der Beginn hängt weiterhin von der finalen Finanzierung ab.

Neue Daten zeigen: nicht alle sprechen gleich auf Metformin an

Aktuelle Forschungsergebnisse – unter anderem von der Buck Institute for Research on Aging, der University of Oregon und Rutgers University – zeigen jedoch, dass die Wirkung von Metformin stark vom genetischen Hintergrund abhängen könnte.

Der Befund stammt aus Experimenten mit verschiedenen Arten des Modellorganismus C. elegans, die eine größere genetische Vielfalt aufweisen als Mäuse oder Menschen. Die Effekte reichten von deutlich verlängertem Leben bis hin zu neutralen oder sogar negativen Auswirkungen.

Die zentrale Erkenntnis:
Metformin kann gesundheitsfördernd wirken – muss es aber nicht. Die Reaktion hängt von genetischen Varianten ab.
Damit rückt ein Prinzip in den Vordergrund, das für die Longevity-Forschung zunehmend entscheidend ist.

Präzisionsmedizin: ein notwendiger Schritt

Die Studienautoren betonen, dass sich aus diesen Ergebnissen eine klare Konsequenz ergibt: Anti-Aging-Interventionen müssen stärker personalisiert werden.

Gemeint ist die Abstimmung von Therapien auf genetische, biologische und metabolische Unterschiede. Diese Präzisionsmedizin steht erst am Anfang, wird aber für zukünftige Longevity-Ansätze unverzichtbar sein.

Im Idealfall ließe sich vor Beginn einer Therapie prüfen, wer von Metformin profitieren könnte – und wer nicht. Genau das soll ein ergänzender Forschungsansatz ermöglichen.

TAME BIO: Biomarker für eine individualisierte Bewertung

Zusätzlich zeigen neuere Biomarker-Studien, dass Metformin bei bestimmten Personengruppen epigenetische Alterungsmarker verlangsamen könnte. Diese Befunde sind jedoch vorläufig und ersetzen keine klinischen Endpunkte wie das tatsächliche Auftreten von Herz-, Krebs- oder neurodegenerativen Erkrankungen.

Das National Institute on Aging prüft derzeit TAME BIO, ein Projekt, das biologische Proben der TAME-Teilnehmenden auswerten soll (Blut, Plasma, Urin, Stuhl, RNA, DNA).

Ziel ist es, anhand von Biomarkern zu verstehen,

  • wie stark Metformin tatsächlich wirkt,
  • wer profitiert,
  • und welche Faktoren unterschiedliche Reaktionen erklären.

Begriff erklärt – Biomarker

Messbare biologische Merkmale, die Veränderungen im Organismus anzeigen – etwa Entzündungsmarker, epigenetische Muster oder Stoffwechselprofile.

Diese Daten könnten helfen, künftige Anti-Aging-Therapien gezielter und sicherer anzuwenden.

Was bedeutet das für Metformin als Anti-Aging-Mittel?

Beobachtungsdaten und einzelne epigenetische Analysen liefern zwar Hinweise auf mögliche Vorteile – diese gelten jedoch vor allem für Personen mit metabolischer Belastung und ersetzen keine Ergebnisse einer kontrollierten Studie. Die neue Evidenz liefert keine Entwarnung, aber eine wichtige Präzisierung:

  • Metformin ist kein universelles Anti-Aging-Medikament.
  • Die Effekte sind heterogen, abhängig von Genetik und individuellen Faktoren.
  • Ohne Präzisionsmedizin lässt sich der Nutzen für Einzelpersonen nicht zuverlässig vorhersagen.
  • TAME und TAME BIO könnten erstmals zeigen, wie Altern klinisch adressiert werden kann – und wo personalisierte Ansätze notwendig sind.

Die Alternsforschung sieht darin einen Wendepunkt: Nicht Einzelmaßnahmen stehen im Mittelpunkt, sondern die Frage, welche Intervention bei welchen Menschen wirkt.

Insgesamt gilt Metformin weiterhin als vielversprechend, aber nicht als universelles Anti-Aging-Medikament. Die Forschung betont zunehmend die Bedeutung individueller Faktoren – von Genetik bis Stoffwechsel – und erwartet, dass mögliche Anwendungen künftig im Rahmen einer personalisierten Medizin erfolgen müssen.

Experte

Munster

Dr. Ulrich Frohberger

Referenzen

  1. Onken, B., Sedore, C. A., Coleman‐Hulbert, A. L., Hall, D., Johnson, E., Jones, E. G., Banse, S. A., Huynh, P., Guo, S., Xue, J., Chen, E., Harinath, G., Foulger, A., Chao, E. A., Hope, J., Bhaumik, D., Plummer, T., Inman, D., Morshead, M., . . . Driscoll, M. (2021). Metformin treatment of diverse Caenorhabditis species reveals theimportance of genetic background in longevity and healthspan extension outcomes. Aging Cell, 21(1).
  2. TAME BIO Biomarkers Study. (o. D.). American Federation for Aging Research. https://www.afar.org/tame-biomarkers-study
  3. TAME - Targeting Aging with Metformin. (o. D.). American Federation for Aging Research. https://www.afar.org/tame-trial

Wissenschaftliche Begriffe

Metformin

A molecule derived from French hellebore that is used to treat type 2 diabetes (senile diabetes) and could be a medicine against longevity.

Zum Glossar