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Was sind Zombiezellen und wie hängen sie mit dem Altern zusammen?

Nachgefragt beim Molekularbiologen Dr. Wallerstorfer, der seine eigene Vermutung dazu hat

National Cancer Institute

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Die Forschung versucht schon seit längerem zu ermitteln, was genau hinter dem Alterungsprozess steckt und hat diesen Umstand weitgehend mit einem biologischen Faktor in Verbindung gebracht: Seneszente Zellen, auch Zombiezellen genannt.

Bei der Zellteilung teilt sich eine einzelne Zelle in zwei Tochterzellen, wobei das genetische Material gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt wird. Da dieser Prozess so wichtig ist, werden diese Schritte von bestimmten Genen sorgfältig gesteuert. Wird dieser grundlegende Prozess nicht richtig gesteuert, können gesundheitliche Probleme wie Krebs die Folge sein.

Zombiezellen oder seneszente Zellen sind Zellen, die sich nicht mehr teilen. In einem jüngeren Körper erkennt das Immunsystem diese Zellen und eliminiert sie. Mit zunehmendem Alter kann das Immunsystem diese Aufgabe allerdings nicht mehr so gut bewältigen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie bringt Zombiezellen mit altersbedingten Krankheiten wie Krebs, Demenz und Herzkrankheiten in Verbindung und schlüsselt auf, wie diese Zellen entstehen. Die Studie ergab, dass oxidative Schäden (Schäden, die durch ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien im Körper entstehen) an den Telomeren, den schützenden Enden der Chromosomen, die Bildung von Zombiezellen auslösen können.

Wissenschaftler analysieren diese Zellen und ihre Bedeutung für den Alterungsprozess schon seit Jahren. Wir haben bei dem Molekularbiologen Dr. Daniel Wallerstorfer nachgefragt, der seine eigene Vermutung zu Zombiezellen hat.

Was sind Zombiezellen und was machen sie?

Zombiezellen, oder eher „schlafende“ Zellen wie ich sie gerne bezeichne, sind alt gewordene Zellen am Ende ihres Lebenszyklus. Anstatt zu sterben, gehen diese in einen Schlafzustand und bleiben im Gewebe vorhanden. Das ist ein Problem aus mehreren Gründen:

Sie üben ihre eigentliche Funktion nicht mehr aus und sind somit nur nutzloser Ballast für den Körper.

Da sie bereits sehr alt sind, ist hier das Risiko hoch, dass sich ihre DNA verändert und sie zu Krebszellen werden könnten.

Es gibt auch Anzeichen darauf, dass sie ihre Umgebung sogar schädigen können.



Hat jeder Mensch Zombiezellen?

Ja. Und je älter wir werden, um so häufiger werden sie im Körper. Einer der Gründe warum wir als Menschen altern.

Wie hängen Zombiezellen mit der Alterung zusammen?

Die menschlichen Gene sind in der DNA versteckt. Wir haben 23.000 verschiedene Gene, die auf langen DNA Strängen sitzen und dort ihre Funktion ausüben. Diese DNA Stränge müssen in der Zelle organisiert werden. Dazu wickelt die Zelle diese in ganz kompakte Strukturen auf, die sogenannten Chromosome (diese X- Formen, die man aus Biologieunterricht kennt). Bei jeder Zellteilung muss aber die gesamte DNA kopiert und somit verdoppelt werden, damit jede Tochterzelle den gesamten Satz an Genen erhält.

Jetzt kommt das Problem. Bei jedem Kopiervorgang brechen kleine Teile der Chromosomenenden weg. Damit das nicht sofort ein Chaos in der Zelle auslöst, haben wir an den Chromosomenenden überschüssige, bedeutungslose DNA, bei der es egal ist ob sie wegbricht. Diese DNA nennt man die sogenannten Telomere.

Zellen haben etwa genug solche Telomer-Reserve DNA, damit sie sich 50 bis 70 mal teilen können. Das heißt also auch, je älter wir werden, umso öfter haben sich unsere Zellen geteilt und umso kürzer werden die Telomere. Nach 50-70 Teilungen (das sogenannte„Hayflick Limit“) sind diese also aufgebraucht und plötzlich beginnen die lebenswichtigen Gene wegzubrechen. Die Zelle ist am Ende ihrer Lebensdauer angekommen und wird dann zu einer Zombizelle.

Was kann man tun, um die Entstehung von Zombiezellen zu verhindern/verlangsamen?

Alles, was die Länge der Telomere erhält, reduziert oder verzögert die Entstehung dieser Zellen. Es gibt bestimmte Ernährungsformen, wie die Mediterrane Diät, die dabei hilfreich sind. Diese Ernährungsformen funktionieren aber nur bei Menschen, die auch noch andere bestimmte Gendefekte haben (so was analysieren wir bei uns im Labor).

Könnte das Erforschen von Zombiezellen der Schlüssel zu einem längeren Leben sein?

Meine VERMUTUNG war damals und ist noch heute, dass wenn man es schaffen könnte, die Zombizellen abzutöten (entweder durch ein gezieltes Medikament oder durch genetische Veränderung des Menschen, der die in Zombizellen einen Selbstmordmodus einbaut), dass dieser Alterungsaspekt reduziert oder „geheilt“ werden könnte. Das ist aber ein drastischer Eingriff in den Körper und ethisch heikel.

Alternativ könnte man sich auf Therapien zur Verlängerung der Telomere konzentrieren, sodass die Zellen erst gar nicht an das Alterslimit stoßen. Das ist aber wiederum ein Risiko. Denn es wird vermutet, dass dieses „Hayflich Limit“ ein wichtige Schutz gegen Krebs ist. Eine Tumorzelle beginnt sich nämlich sofort zu teilen und verliert dabei, wie die normalen Zellen, die Telomere. Sind diese aufgebraucht, geht der gesamte Tumor in den Schlaf/Zombimodus und Krebs wurde dadurch verhindert. Das ganz auszuschalten würde also vermutlich die Krebsrate drastisch erhöhen.

Referenzen

  1. How do cells divide?: MedlinePlus Genetics. (o. D.). https://medlineplus.gov/genetics/understanding/howgeneswork/cellsdivide/
  2. Barnes, R. P., De Rosa, M., Thosar, S. A., Detwiler, A. C., Roginskaya, V., Van Houten, B., Bruchez, M. P., Stewart-Ornstein, J. & Opresko, P. L. (2022). Telomeric 8-oxo-guanine drives rapid premature senescence in the absence of telomere shortening. Nature Structural & Molecular Biology, 29(7), 639–652. https://doi.org/10.1038/s41594-022-00790-y
  3. Van Deursen, J. M. (2014). The role of senescent cells in ageing. Nature, 509(7501), 439–446. https://doi.org/10.1038/nature13193

Wissenschaftliche Begriffe

Chromosom

Die kompakte Struktur, in der die DNA einer Zelle organisiert ist und die von Proteinen zusammengehalten wird. Die Genome der verschiedenen Organismen sind in einer unterschiedlichen Anzahl von Chromosomen angeordnet. Menschliche Zellen haben 23 Paare.

DNA

Abkürzung für Desoxyribonukleinsäure, das Molekül, das die Informationen kodiert, die eine Zelle zum Funktionieren oder ein Virus zur Replikation benötigt. Bildet eine Doppelhelix, die einer verdrehten Leiter ähnelt, ähnlich wie ein Reißverschluss. Die Basen, abgekürzt als A, C, T und G, befinden sich auf jeder Seite der Leiter oder des Strangs, die in entgegengesetzte Richtungen verlaufen. Die Basen üben eine Anziehungskraft aufeinander aus, so dass A an T und C an G haften. Die Abfolge dieser Buchstaben wird als genetischer Code bezeichnet.

Gen

Ein DNA-Abschnitt, der die Informationen für die Herstellung eines Proteins kodiert. Jedes Gen ist ein Satz von Anweisungen für die Herstellung einer bestimmten molekularen Maschine, die einer Zelle, einem Organismus oder einem Virus hilft zu funktionieren.

Seneszens

lat. senescere ‚alt werden‘, ‚altern‘

Der Prozess der Verschlechterung mit dem Alter.

Telomer / Telomerverlust

gr. τέλος télos 'Ende' und μέρος méros 'Teil'

Ein Telomer ist eine Kappe, die das Ende des Chromosoms vor Abnutzung schützt, vergleichbar mit der Ahle am Ende eines Schnürsenkels oder dem verbrannten Ende eines Seils, um ein Ausfransen zu verhindern. Mit zunehmendem Alter erodieren die Telomere bis zu dem Punkt, an dem die Zelle die Hayflick-Grenze erreicht. Dies ist der Punkt, an dem die Zelle die Erosion als einen DNA-Bruch ansieht, sich nicht mehr teilt und seneszent wird.

Zelluläre Seneszenz

Der Prozess, der eintritt, wenn normale Zellen aufhören, sich zu teilen, und anfangen, entzündliche Moleküle freizusetzen, manchmal verursacht durch Telomerverkürzung, DNA-Schäden oder epigenomisches Rauschen. Trotz ihres scheinbaren "Zombie"-Zustands bleiben seneszente Zellen lebendig und schädigen benachbarte Zellen mit ihren entzündlichen Sekreten.

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Die Forschung versucht schon seit längerem zu ermitteln, was genau hinter dem Alterungsprozess steckt und hat diesen Umstand weitgehend mit einem biologischen Faktor in Verbindung gebracht: Seneszente Zellen, auch Zombiezellen genannt.

Bei der Zellteilung teilt sich eine einzelne Zelle in zwei Tochterzellen, wobei das genetische Material gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt wird. Da dieser Prozess so wichtig ist, werden diese Schritte von bestimmten Genen sorgfältig gesteuert. Wird dieser grundlegende Prozess nicht richtig gesteuert, können gesundheitliche Probleme wie Krebs die Folge sein.

Zombiezellen oder seneszente Zellen sind Zellen, die sich nicht mehr teilen. In einem jüngeren Körper erkennt das Immunsystem diese Zellen und eliminiert sie. Mit zunehmendem Alter kann das Immunsystem diese Aufgabe allerdings nicht mehr so gut bewältigen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie bringt Zombiezellen mit altersbedingten Krankheiten wie Krebs, Demenz und Herzkrankheiten in Verbindung und schlüsselt auf, wie diese Zellen entstehen. Die Studie ergab, dass oxidative Schäden (Schäden, die durch ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien im Körper entstehen) an den Telomeren, den schützenden Enden der Chromosomen, die Bildung von Zombiezellen auslösen können.

Wissenschaftler analysieren diese Zellen und ihre Bedeutung für den Alterungsprozess schon seit Jahren. Wir haben bei dem Molekularbiologen Dr. Daniel Wallerstorfer nachgefragt, der seine eigene Vermutung zu Zombiezellen hat.

Was sind Zombiezellen und was machen sie?

Zombiezellen, oder eher „schlafende“ Zellen wie ich sie gerne bezeichne, sind alt gewordene Zellen am Ende ihres Lebenszyklus. Anstatt zu sterben, gehen diese in einen Schlafzustand und bleiben im Gewebe vorhanden. Das ist ein Problem aus mehreren Gründen:

Sie üben ihre eigentliche Funktion nicht mehr aus und sind somit nur nutzloser Ballast für den Körper.

Da sie bereits sehr alt sind, ist hier das Risiko hoch, dass sich ihre DNA verändert und sie zu Krebszellen werden könnten.

Es gibt auch Anzeichen darauf, dass sie ihre Umgebung sogar schädigen können.



Hat jeder Mensch Zombiezellen?

Ja. Und je älter wir werden, um so häufiger werden sie im Körper. Einer der Gründe warum wir als Menschen altern.

Wie hängen Zombiezellen mit der Alterung zusammen?

Die menschlichen Gene sind in der DNA versteckt. Wir haben 23.000 verschiedene Gene, die auf langen DNA Strängen sitzen und dort ihre Funktion ausüben. Diese DNA Stränge müssen in der Zelle organisiert werden. Dazu wickelt die Zelle diese in ganz kompakte Strukturen auf, die sogenannten Chromosome (diese X- Formen, die man aus Biologieunterricht kennt). Bei jeder Zellteilung muss aber die gesamte DNA kopiert und somit verdoppelt werden, damit jede Tochterzelle den gesamten Satz an Genen erhält.

Jetzt kommt das Problem. Bei jedem Kopiervorgang brechen kleine Teile der Chromosomenenden weg. Damit das nicht sofort ein Chaos in der Zelle auslöst, haben wir an den Chromosomenenden überschüssige, bedeutungslose DNA, bei der es egal ist ob sie wegbricht. Diese DNA nennt man die sogenannten Telomere.

Zellen haben etwa genug solche Telomer-Reserve DNA, damit sie sich 50 bis 70 mal teilen können. Das heißt also auch, je älter wir werden, umso öfter haben sich unsere Zellen geteilt und umso kürzer werden die Telomere. Nach 50-70 Teilungen (das sogenannte„Hayflick Limit“) sind diese also aufgebraucht und plötzlich beginnen die lebenswichtigen Gene wegzubrechen. Die Zelle ist am Ende ihrer Lebensdauer angekommen und wird dann zu einer Zombizelle.

Was kann man tun, um die Entstehung von Zombiezellen zu verhindern/verlangsamen?

Alles, was die Länge der Telomere erhält, reduziert oder verzögert die Entstehung dieser Zellen. Es gibt bestimmte Ernährungsformen, wie die Mediterrane Diät, die dabei hilfreich sind. Diese Ernährungsformen funktionieren aber nur bei Menschen, die auch noch andere bestimmte Gendefekte haben (so was analysieren wir bei uns im Labor).

Könnte das Erforschen von Zombiezellen der Schlüssel zu einem längeren Leben sein?

Meine VERMUTUNG war damals und ist noch heute, dass wenn man es schaffen könnte, die Zombizellen abzutöten (entweder durch ein gezieltes Medikament oder durch genetische Veränderung des Menschen, der die in Zombizellen einen Selbstmordmodus einbaut), dass dieser Alterungsaspekt reduziert oder „geheilt“ werden könnte. Das ist aber ein drastischer Eingriff in den Körper und ethisch heikel.

Alternativ könnte man sich auf Therapien zur Verlängerung der Telomere konzentrieren, sodass die Zellen erst gar nicht an das Alterslimit stoßen. Das ist aber wiederum ein Risiko. Denn es wird vermutet, dass dieses „Hayflich Limit“ ein wichtige Schutz gegen Krebs ist. Eine Tumorzelle beginnt sich nämlich sofort zu teilen und verliert dabei, wie die normalen Zellen, die Telomere. Sind diese aufgebraucht, geht der gesamte Tumor in den Schlaf/Zombimodus und Krebs wurde dadurch verhindert. Das ganz auszuschalten würde also vermutlich die Krebsrate drastisch erhöhen.

Referenzen

  1. How do cells divide?: MedlinePlus Genetics. (o. D.). https://medlineplus.gov/genetics/understanding/howgeneswork/cellsdivide/
  2. Barnes, R. P., De Rosa, M., Thosar, S. A., Detwiler, A. C., Roginskaya, V., Van Houten, B., Bruchez, M. P., Stewart-Ornstein, J. & Opresko, P. L. (2022). Telomeric 8-oxo-guanine drives rapid premature senescence in the absence of telomere shortening. Nature Structural & Molecular Biology, 29(7), 639–652. https://doi.org/10.1038/s41594-022-00790-y
  3. Van Deursen, J. M. (2014). The role of senescent cells in ageing. Nature, 509(7501), 439–446. https://doi.org/10.1038/nature13193

Wissenschaftliche Begriffe

Chromosom

Die kompakte Struktur, in der die DNA einer Zelle organisiert ist und die von Proteinen zusammengehalten wird. Die Genome der verschiedenen Organismen sind in einer unterschiedlichen Anzahl von Chromosomen angeordnet. Menschliche Zellen haben 23 Paare.

DNA

Abkürzung für Desoxyribonukleinsäure, das Molekül, das die Informationen kodiert, die eine Zelle zum Funktionieren oder ein Virus zur Replikation benötigt. Bildet eine Doppelhelix, die einer verdrehten Leiter ähnelt, ähnlich wie ein Reißverschluss. Die Basen, abgekürzt als A, C, T und G, befinden sich auf jeder Seite der Leiter oder des Strangs, die in entgegengesetzte Richtungen verlaufen. Die Basen üben eine Anziehungskraft aufeinander aus, so dass A an T und C an G haften. Die Abfolge dieser Buchstaben wird als genetischer Code bezeichnet.

Gen

Ein DNA-Abschnitt, der die Informationen für die Herstellung eines Proteins kodiert. Jedes Gen ist ein Satz von Anweisungen für die Herstellung einer bestimmten molekularen Maschine, die einer Zelle, einem Organismus oder einem Virus hilft zu funktionieren.

Seneszens

lat. senescere ‚alt werden‘, ‚altern‘

Der Prozess der Verschlechterung mit dem Alter.

Telomer / Telomerverlust

gr. τέλος télos 'Ende' und μέρος méros 'Teil'

Ein Telomer ist eine Kappe, die das Ende des Chromosoms vor Abnutzung schützt, vergleichbar mit der Ahle am Ende eines Schnürsenkels oder dem verbrannten Ende eines Seils, um ein Ausfransen zu verhindern. Mit zunehmendem Alter erodieren die Telomere bis zu dem Punkt, an dem die Zelle die Hayflick-Grenze erreicht. Dies ist der Punkt, an dem die Zelle die Erosion als einen DNA-Bruch ansieht, sich nicht mehr teilt und seneszent wird.

Zelluläre Seneszenz

Der Prozess, der eintritt, wenn normale Zellen aufhören, sich zu teilen, und anfangen, entzündliche Moleküle freizusetzen, manchmal verursacht durch Telomerverkürzung, DNA-Schäden oder epigenomisches Rauschen. Trotz ihres scheinbaren "Zombie"-Zustands bleiben seneszente Zellen lebendig und schädigen benachbarte Zellen mit ihren entzündlichen Sekreten.

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