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31.5.2025

Epigenetik und Altern: Warum nicht das Geburtsdatum zählt

So beeinflussen Umweltfaktoren und Lebensstil unser wahres Alter

Stressed woman sitting on stairs with laptop

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Chronologisches Alter ist leicht zu bestimmen – aber es sagt wenig über den tatsächlichen Zustand unseres Körpers. Die moderne Alternsforschung setzt daher auf das epigenetische Alter, das durch bestimmte chemische Veränderungen an unserer DNA – sogenannte Methylierungen – bestimmt wird. Es spiegelt wider, wie „alt“ unsere Zellen wirklich sind.

Eine aktuelle Übersichtsstudie, unter anderem mitverfasst von Dr. Alex Zhavoronkov und Prof. Dr. Evelyne Bischof, zeigt, wie tiefgreifend Umwelt- und Lebensstilfaktoren die epigenetische Alterung beeinflussen. Beide gehören zu den bekanntesten Forscher:innen im Bereich der Longevity-Medizin und plädieren für einen translationalen Ansatz, der molekulare Erkenntnisse direkt in die Prävention und Therapie überträgt.

So wirken Umweltfaktoren auf epigenetische Mechanismen

Die in der Studie dargestellte Grafik visualisiert, wie verschiedene Faktoren, darunter physikalische, chemische, psychologische und soziale, die epigenetische Geschwindigkeit des Alterns beeinflussen.

Diese Prozesse steuern, wie aktiv unsere Gene sind – und damit, wie gesund und „jung“ unser Organismus auf zellulärer Ebene bleibt.

Was die Studie zeigt: Risikofaktoren und ihre Effekte

Die Metaanalyse belegt anhand zahlreicher Einzelstudien den Zusammenhang zwischen Umweltreizen und beschleunigtem epigenetischem Altern:

  • Rauchen beschleunigt das epigenetische Alter um bis zu 2,5 Jahre – ein Effekt, der reversibel sein kann, wenn rechtzeitig aufgehört wird.
  • Feinstaubbelastung vor allem Feinstaub (PM2.5), wirkt pro-inflammatorisch und fördert Alterungsprozesse.
  • Chronischer Stress ist mit einer höheren Rate epigenetischer Alterung verbunden – auch unabhängig von genetischer Prädisposition und beeinflusst Gene, die mit Entzündung und Immunsystem verknüpft sind.
  • Alkoholkonsum beeinflusst insbesondere die Methylierung von Genen, die mit Stoffwechsel- und Entgiftungsvorgängen verknüpft sind.
  • Gesunde Ernährung und Bewegung zeigen dagegen schützende Effekte – mit teilweise messbarer Verjüngung des epigenetischen Alters um bis zu 3 Jahre in Interventionsstudien.

„Die epigenetische Uhr ist ein Frühindikator für die kumulativen Effekte von Lebensstil und Umwelt."  -Prof. Dr. Evelyne Bischof.

Ein Werkzeug der Zukunft: Präzisionsprävention

Die epigenetische Uhr könnte künftig eine zentrale Rolle in der Präventivmedizin spielen. Da epigenetische Veränderungen oft Jahre vor ersten Krankheitssymptomen auftreten, wären sie als Frühmarker für individuelle Risiken geeignet.

„Epigenetische Marker haben das Potenzial, Prävention endlich messbar und individuell zu machen.“  -Dr. Zhavoronkov.

Sie könnten künftig z. B. zeigen, ob eine Intervention – wie Ernährungsumstellung oder Stressregulation – tatsächlich wirkt, und als Feedback-Instrument in personalisierten Gesundheitsprogrammen dienen.

Wie funktioniert die Messung des epigenetischen Alters?

Gemessen wird das epigenetische Alter anhand von DNA-Methylierungen – kleinen chemischen Markierungen an der DNA, die bestimmen, wie aktiv oder stumm ein Gen ist. Diese Methylierungsmuster verändern sich im Laufe des Lebens auf vorhersehbare Weise.

Zur Analyse wird Blut oder Speichel verwendet, aus dem in spezialisierten Laboren das epigenetische Profil gewonnen wird. Bestimmte Algorithmen, sogenannte epigenetische Uhren, berechnen daraus das biologische Alter. In Europa sind solche Tests derzeit noch nicht allgemein verfügbar, werden aber zunehmend im Rahmen von Forschungs- und Pilotprojekten eingesetzt.

Was bedeutet das für gesunde Langlebigkeit?

Die Arbeit von Zhavoronkov, Bischof und ihren Co-Autor:innen zeigt eindrucksvoll: Unser biologisches Alter ist formbar. Die Epigenetik liefert nicht nur Erklärungen, sondern konkrete Ansatzpunkte für Prävention und ein längeres, gesünderes Leben. In der Zukunft könnten epigenetische Analysen zu zentralen Bausteinen der personalisierten Longevity-Medizin werden – mit individuell angepassten Empfehlungen und Interventionsplänen.

Trotz vielversprechender Ergebnisse mahnt die Studie aber auch zur Vorsicht bei der Interpretation. Viele Studien basieren auf Momentaufnahmen, nicht auf Langzeitbeobachtungen. Zudem unterscheiden sich die epigenetischen Uhren je nach Methodik und Zielsetzung.

Fazit: Alter ist (auch) ein Echo der Umwelt

Wie wir leben, was wir essen, wie viel Stress wir haben – all das hinterlässt epigenetische Spuren. Diese Erkenntnis ist zugleich Herausforderung und Chance: Denn wer die Mechanismen kennt, kann bewusst gegensteuern. Die Forschung legt damit den Grundstein für einen Paradigmenwechsel: weg vom schicksalhaften Altern – hin zu einem aktiv gestaltbaren, gesünderen Lebensweg.

Der nächste große Schritt der Longevity-Forschung wird sein, dieses Wissen in praktikable Programme zu übersetzen – für eine präzisere, individuellere Gesundheitsvorsorge.

Referenzen

Fedor Galkin, Olga Kovalchuk, Diana Koldasbayeva, Alex Zhavoronkov, Evelyne Bischof, "Stress, diet, exercise: Common environmental factors and their impact on epigenetic age", Ageing Research Reviews, Volume 88, 2023, 101956, ISSN 1568-1637, doi.org/10.1016/j.arr.2023.101956.

Experte

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Wissenschaftliche Begriffe

Biologisches Alter

Das biologische Alter ist das Alter der Zellen im Körper, das durch verschiedene Eigenschaften und Biomarker, die in der Forschung mit dem Altern und dem Verfall korrelieren, bestimmt wird.

Epigenetik

von altgriechisch ἐπί epi 'dazu, außerdem' und -genetik

Bezieht sich auf Veränderungen der Genexpression einer Zelle, die keine Veränderung des DNA-Codes beinhalten. Stattdessen werden die DNA und die Histone, um die die DNA gewickelt ist, mit entfernbaren chemischen Signalen "markiert" (siehe Demethylierung und Deacetylierung). Epigenetische Markierungen teilen anderen Proteinen mit, wo und wann sie die DNA lesen sollen. Vergleichbar ist dies mit einem Post-it auf einer Buchseite, auf dem "Überspringen" steht. Ein Leser wird die Seite ignorieren, aber das Buch selbst wurde nicht verändert.

NAD

Nicotinamid-Adenin-Nukleotid, eine Chemikalie, die für mehr als fünfhundert chemische Reaktionen und für Sirtuine verwendet wird, die Acerylgruppen von anderen Proteinen wie Histonen entfernen, um Gene auszuschalten oder ihnen Zellschutzfunktionen zu verleihen. Eine gesunde Ernährung und Bewegung erhöhen den NAD-Spiegel. Das "+"-Zeichen, das Sie manchmal sehen, wie in NAD", zeigt an, dass es kein Wasserstoffaroma trägt.

Biomarker

Eine spezifische Substanz, ein physisches Merkmal, ein Gen usw., das gemessen werden kann, um das Vorhandensein oder den Fortschritt einer Krankheit anzuzeigen.

DNA-Methylations-Uhr

Veränderungen in der Anzahl und an den Stellen der DNA-Methylierungsmarkierungen auf der DNA können zur Vorhersage der Lebensspanne verwendet werden und markieren die Zeit ab der Geburt. Bei der epigenomischen Umprogrammierung oder dem Klonen eines Organismus werden die Methylmarkierungen entfernt, wodurch das Alter der Zelle umgekehrt wird.

Zum Glossar

Chronologisches Alter ist leicht zu bestimmen – aber es sagt wenig über den tatsächlichen Zustand unseres Körpers. Die moderne Alternsforschung setzt daher auf das epigenetische Alter, das durch bestimmte chemische Veränderungen an unserer DNA – sogenannte Methylierungen – bestimmt wird. Es spiegelt wider, wie „alt“ unsere Zellen wirklich sind.

Eine aktuelle Übersichtsstudie, unter anderem mitverfasst von Dr. Alex Zhavoronkov und Prof. Dr. Evelyne Bischof, zeigt, wie tiefgreifend Umwelt- und Lebensstilfaktoren die epigenetische Alterung beeinflussen. Beide gehören zu den bekanntesten Forscher:innen im Bereich der Longevity-Medizin und plädieren für einen translationalen Ansatz, der molekulare Erkenntnisse direkt in die Prävention und Therapie überträgt.

So wirken Umweltfaktoren auf epigenetische Mechanismen

Die in der Studie dargestellte Grafik visualisiert, wie verschiedene Faktoren, darunter physikalische, chemische, psychologische und soziale, die epigenetische Geschwindigkeit des Alterns beeinflussen.

Diese Prozesse steuern, wie aktiv unsere Gene sind – und damit, wie gesund und „jung“ unser Organismus auf zellulärer Ebene bleibt.

Was die Studie zeigt: Risikofaktoren und ihre Effekte

Die Metaanalyse belegt anhand zahlreicher Einzelstudien den Zusammenhang zwischen Umweltreizen und beschleunigtem epigenetischem Altern:

  • Rauchen beschleunigt das epigenetische Alter um bis zu 2,5 Jahre – ein Effekt, der reversibel sein kann, wenn rechtzeitig aufgehört wird.
  • Feinstaubbelastung vor allem Feinstaub (PM2.5), wirkt pro-inflammatorisch und fördert Alterungsprozesse.
  • Chronischer Stress ist mit einer höheren Rate epigenetischer Alterung verbunden – auch unabhängig von genetischer Prädisposition und beeinflusst Gene, die mit Entzündung und Immunsystem verknüpft sind.
  • Alkoholkonsum beeinflusst insbesondere die Methylierung von Genen, die mit Stoffwechsel- und Entgiftungsvorgängen verknüpft sind.
  • Gesunde Ernährung und Bewegung zeigen dagegen schützende Effekte – mit teilweise messbarer Verjüngung des epigenetischen Alters um bis zu 3 Jahre in Interventionsstudien.

„Die epigenetische Uhr ist ein Frühindikator für die kumulativen Effekte von Lebensstil und Umwelt."  -Prof. Dr. Evelyne Bischof.

Ein Werkzeug der Zukunft: Präzisionsprävention

Die epigenetische Uhr könnte künftig eine zentrale Rolle in der Präventivmedizin spielen. Da epigenetische Veränderungen oft Jahre vor ersten Krankheitssymptomen auftreten, wären sie als Frühmarker für individuelle Risiken geeignet.

„Epigenetische Marker haben das Potenzial, Prävention endlich messbar und individuell zu machen.“  -Dr. Zhavoronkov.

Sie könnten künftig z. B. zeigen, ob eine Intervention – wie Ernährungsumstellung oder Stressregulation – tatsächlich wirkt, und als Feedback-Instrument in personalisierten Gesundheitsprogrammen dienen.

Wie funktioniert die Messung des epigenetischen Alters?

Gemessen wird das epigenetische Alter anhand von DNA-Methylierungen – kleinen chemischen Markierungen an der DNA, die bestimmen, wie aktiv oder stumm ein Gen ist. Diese Methylierungsmuster verändern sich im Laufe des Lebens auf vorhersehbare Weise.

Zur Analyse wird Blut oder Speichel verwendet, aus dem in spezialisierten Laboren das epigenetische Profil gewonnen wird. Bestimmte Algorithmen, sogenannte epigenetische Uhren, berechnen daraus das biologische Alter. In Europa sind solche Tests derzeit noch nicht allgemein verfügbar, werden aber zunehmend im Rahmen von Forschungs- und Pilotprojekten eingesetzt.

Was bedeutet das für gesunde Langlebigkeit?

Die Arbeit von Zhavoronkov, Bischof und ihren Co-Autor:innen zeigt eindrucksvoll: Unser biologisches Alter ist formbar. Die Epigenetik liefert nicht nur Erklärungen, sondern konkrete Ansatzpunkte für Prävention und ein längeres, gesünderes Leben. In der Zukunft könnten epigenetische Analysen zu zentralen Bausteinen der personalisierten Longevity-Medizin werden – mit individuell angepassten Empfehlungen und Interventionsplänen.

Trotz vielversprechender Ergebnisse mahnt die Studie aber auch zur Vorsicht bei der Interpretation. Viele Studien basieren auf Momentaufnahmen, nicht auf Langzeitbeobachtungen. Zudem unterscheiden sich die epigenetischen Uhren je nach Methodik und Zielsetzung.

Fazit: Alter ist (auch) ein Echo der Umwelt

Wie wir leben, was wir essen, wie viel Stress wir haben – all das hinterlässt epigenetische Spuren. Diese Erkenntnis ist zugleich Herausforderung und Chance: Denn wer die Mechanismen kennt, kann bewusst gegensteuern. Die Forschung legt damit den Grundstein für einen Paradigmenwechsel: weg vom schicksalhaften Altern – hin zu einem aktiv gestaltbaren, gesünderen Lebensweg.

Der nächste große Schritt der Longevity-Forschung wird sein, dieses Wissen in praktikable Programme zu übersetzen – für eine präzisere, individuellere Gesundheitsvorsorge.

Experte

Münster

Dr. Ulrich Frohberger

Referenzen

Fedor Galkin, Olga Kovalchuk, Diana Koldasbayeva, Alex Zhavoronkov, Evelyne Bischof, "Stress, diet, exercise: Common environmental factors and their impact on epigenetic age", Ageing Research Reviews, Volume 88, 2023, 101956, ISSN 1568-1637, doi.org/10.1016/j.arr.2023.101956.

Wissenschaftliche Begriffe

Biologisches Alter

Das biologische Alter ist das Alter der Zellen im Körper, das durch verschiedene Eigenschaften und Biomarker, die in der Forschung mit dem Altern und dem Verfall korrelieren, bestimmt wird.

Epigenetik

von altgriechisch ἐπί epi 'dazu, außerdem' und -genetik

Bezieht sich auf Veränderungen der Genexpression einer Zelle, die keine Veränderung des DNA-Codes beinhalten. Stattdessen werden die DNA und die Histone, um die die DNA gewickelt ist, mit entfernbaren chemischen Signalen "markiert" (siehe Demethylierung und Deacetylierung). Epigenetische Markierungen teilen anderen Proteinen mit, wo und wann sie die DNA lesen sollen. Vergleichbar ist dies mit einem Post-it auf einer Buchseite, auf dem "Überspringen" steht. Ein Leser wird die Seite ignorieren, aber das Buch selbst wurde nicht verändert.

NAD

Nicotinamid-Adenin-Nukleotid, eine Chemikalie, die für mehr als fünfhundert chemische Reaktionen und für Sirtuine verwendet wird, die Acerylgruppen von anderen Proteinen wie Histonen entfernen, um Gene auszuschalten oder ihnen Zellschutzfunktionen zu verleihen. Eine gesunde Ernährung und Bewegung erhöhen den NAD-Spiegel. Das "+"-Zeichen, das Sie manchmal sehen, wie in NAD", zeigt an, dass es kein Wasserstoffaroma trägt.

Biomarker

Eine spezifische Substanz, ein physisches Merkmal, ein Gen usw., das gemessen werden kann, um das Vorhandensein oder den Fortschritt einer Krankheit anzuzeigen.

DNA-Methylations-Uhr

Veränderungen in der Anzahl und an den Stellen der DNA-Methylierungsmarkierungen auf der DNA können zur Vorhersage der Lebensspanne verwendet werden und markieren die Zeit ab der Geburt. Bei der epigenomischen Umprogrammierung oder dem Klonen eines Organismus werden die Methylmarkierungen entfernt, wodurch das Alter der Zelle umgekehrt wird.

Zum Glossar